Nachruf und Erinnerungen an Grete Schurz

von Barbara Kasper
(Nachfolgerin von Grete Schurz als unabhängige Frauenbeauftragte, derzeit Vorsitzende des Grazer Frauenrats)

„VON GRETE LERNEN“ stand auf dem Transparent, das wir anlässlich des Fests zu ihrem 60. Geburtstags und ihrer Verabschiedung als Frauenbeauftragte aufgehängt hatten. Zu dieser Zeit hatte sie einige Jahre heftig die Grazer Politik umgerührt. Wir haben von ihr gelernt, weil sie unerschütterlich und unbeirrt ihre Forderungen für Frauen, allen Querschüssen und allen Anfeindungen zum Trotz durchgezogen hat.

Grete Schurz wurde am 29. April 1934 geboren und stammte aus einfachen Verhältnissen. Aber schon die kleine Grete wusste sich durchzusetzen, sie meldete sich beispielsweise auf eigene Faust im Gymnasium an. Es folgten Matura, Studienbeginn und journalistische Tätigkeiten. Nach ihrer Heirat lebte sie mit ihrem Mann Josef, einem Chemieprofessor, mit dem sie über 60 Jahre verheiratet war, und den beiden Söhnen lange Zeit in Deutschland. Nach der Rückkehr nach Graz begann sie das Studium der Psychologie und Soziologie und arbeitete wieder als Journalistin.

Und dann kam ihr die Idee mit dem Frauenhaus nach dem Wiener Vorbild. In Graz gab es zu dieser Zeit bereits eine umtriebige Frauenszene, die das Anliegen unterstützte, und es gab eine Öffentlichkeit, die aufgeschlossen für Veränderungen war. Schon 1981, ein Jahr nach Gründung der Fraueninitiative, wurde das erste, noch provisorische Frauenhaus eröffnet. In den nächsten Jahren entstanden in der Stadt zahlreiche Frauenorganisationen, soziale und wissenschaftliche Stützpunkte für Frauen, vom Frauengesundheitszentrum bis zum Frauenservice,

1986 etablierte der damalige Bürgermeister Alfred Stingl Grete Schurz als unabhängige Frauenbeauftragte der Stadt, ein einmaliges Modell. Die Unabhängigkeit nutzte Grete weidlich. Sie saß schon mal mit ihrem Schreibtisch vor dem Gemeinderat oder legte sich mit dem mächtigen Klinikchef für Frauenheilkunde wegen dessen Frauenfeindlichkeit an. Legendär ist ihre Performance als Sexualobjekt, als es um weibliche Rollenbilder ging.

Sie war beliebt und hatte Erfolge, Wohnungen für Alleinerzieherinnen oder die Durchsetzung von Fahrerinnen in den öffentlichen Verkehrsmitteln seien Beispiele, alles nicht selbstverständlich im Graz der 80er. Sie ermöglichte Künstlerinnen öffentliche Anerkennung und war Mitherausgeberin der feministischen Zeitschrift Eva & Co. Es gab auch Gegenwind, ihre Aktivitäten wurden von manchen misstrauisch beäugt, sogar persönliche Beleidigungen musste sie ertragen. Aber sie blieb unverdrossen bei ihrer Frauen Agenda.

Wichtig war auch die Installation des Grazer Frauenrats. Zur gegenseitigen Unterstützung schlossen sich rund 50 Frauengruppen, Frauenorganisationen und Einzelpersonen zusammen, eine überparteiliche, religiös und weltanschaulich unabhängige Lobby für Frauenanliegen und Frauensolidarität.

Grete war Trägerin zahlreicher Auszeichnung, darunter des Ehrenrings der Stadt Graz und des goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark. Besonders wichtig war ihr aber der Frauenpreis für ihr Lebenswerk, der in dieser Form Ausdruck der Wertschätzung von Grazer Frauen war.

Dr.in Grete Schurz ist am 8. November 2022 gestorben. Einerseits geht damit eine Ära zu Ende, andererseits baut in Graz eine lebhafte Frauenszene auf ihrem Lebenswerk auf.

Grete, wir danken Dir für Dein Wirken!

Eine Erinnerung von Christine Saiko-Jogan (Christl)

Eine Begebenheit scheint mir erwähnenswert: Es war abends nach einer Sitzung. Wir wollten eine Abkürzung machen, um in einem Lokal etwas nachzusitzen. Wir standen vor einem „verschlossenen Tor“. Es war bei den Minoriten mit der Ankündigungstafel ab 18 Uhr geschlossen. Grete ließ sich nicht abhalten und probierte, und das Tor war offen!

Es ist eine Metapher für Grete: Keinesfalls von vornherein akzeptieren, probieren, probieren probieren…

Eine Erinnerung von Sigrid Schönfelder

Gretes Ehemann. o. Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. h. c. Josef Schurz, Gretes Ehemann, erzählte bei der Feier zu Gretes 70. Geburtstag folgende Anekdote:

„Grete hatte eine stets gut gefüllte Zuckerldose für die Nachbarskinder zu Hause. Die Nachbarskinder haben darum gerne bei uns angeläutet. Eines Tages war Grete nicht zu Hause und ich öffnete den Kindern die Tür. Die Kinder schauten mich an und fragten: Bist Du der Herr Grete Schurz?“

Als Josef seine Anekdote beendet hatte, legte Grete lächelnd ihre Hand auf die seine. Dabei entstand das Foto: Schurz & Schurz.

Fotostreifen: © Sigrid Schönfelder

Projekte des Grazer Frauenrats
1986 bis heute: