Geschichte des Grazer Frauenrats

Frauen* bei verschiedenen Aktionen des Grazer Frauenrats.
Foto 1 (oben) © Sigrid Schönfelder

Grete Schurz wurde 1986 von Bürgermeister Alfred Stingl als erste unabhängige, weisungsfreie Frauenbeauftragte eingesetzt. Sie bildete ein Gremium an ihrer Seite, das die breite Grazer Frauen*szene - bestehend aus autonomen Frauen* und etablierten Institutionen - zusammenführte.

Dieses Gremium sollte ein parteiunabhängiges, überkonfessionelles, eigenverantwortliches Bündnis werden, um in Kooperation miteinander mehr Durchschlagskraft zu finden: Der Grazer Frauenrat war geboren.

Die vertretenen Frauen* und Frauen*organisationen spiegelten die gesellschaftliche Vielfalt in Graz wider.

Der Frauenrat holte, gemeinsam mit der Frauenbeauftragten, die Probleme der Gleichstellung in die Öffentlichkeit und brachte sie durch Forderungen und Aktionismus zu den Verantwortlichen in der Stadtpolitik.

Nach Grete Schurz wurden vier weitere Frauenbeauftragte bestellt, die jeweils bei einem Trägerverein angestellt waren. Als dies nicht länger ermöglicht werden konnte, gründeten die Mitfrauen* des Grazer Frauenrats 2009 einen eigenen Verein, der die Frauenbeauftragte zu ihrer Geschäftsführerin machte und unter der damaligen Frauenstadträtin Elke Edlinger finanziell gefördert wurde.

Es gab auch Gegenwind. Die selbstbewusste und lautstarke Zusammenarbeit von Frauen* über weltanschauliche Grenzen hinweg, wirkte für viele politische Akteur*innen vermutlich bedrohlich. Der Tiefpunkt war die Abschaffung der Frauenbeauftragten durch die zuständige Stadträtin Martina Schröck 2014.

Desinteresse und Widerstand verhinderten in den folgenden Jahren eine Neubesetzung der Stelle. Der Vorstand des Grazer Frauenrats, unterstützt durch den Durchhaltewillen der Mitfrauen*, versuchte die Arbeit in verminderter Form aufrechtzuerhalten, was viel ehrenamtliches Engagement erforderte.

Erst die seit 2021 aktuelle Bürgermeisterin Elke Kahr ermöglichte die Wiedereinsetzung einer bezahlten Geschäftsführung und Frauensprecherin.

Anna Majcan hat seit März 2023 diese Funktion inne.

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Frauenbeauftragte ab 1986

1986

Grete Schurz
Frauenbeauftragte 1986 -1995

Grete Schurz wurde 1986 vom damaligen Grazer Bürgermeister Alfred Stingl zur ersten unabhängigen Frauenbeauftragten in Österreich berufen.

Sie setzte sich für Familienermäßigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln, die Aufnahme von Frauen als Straßenbahnschaffnerinnen, für die bevorzugte Vergabe von Gemeindewohnungen an alleinerziehende Mütter und für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in der Ausbildung von Gynäkologinnen ein – ebenso wie für Frauenparkplätze in Tiefgaragen und die Förderung künstlerisch tätiger Frauen und vieles mehr.

1995 wurde sie zur „Bürgerin der Stadt Graz“ ernannt und 2010 erhielt sie den Ehrenring der Stadt Graz. Obwohl sie in Pension war, war sie bis zuletzt an der Grazer Frauenpolitik interessiert. Grete Schurz ist am 8. November 2022 im Alter von 88 Jahren gestorben.

→ Nachruf Grete Schurz

Grete Schurz
08. März 2000
Demonstration zum Feministischen Kampftag
© Sigrid Schönfelder

1995

Barbara Kasper
Frauenbeauftragte 1995-1998

Barbara Kasper wurde 1995 unabhängige Frauenbeauftragte. Zu dieser Zeit arbeiteten noch vier Beraterinnen auf Honorarbasis im Büro. Die damaligen Sparmaßnahmen im Sozialbereich betrafen auch die Arbeit der Frauenbeauftragten und bestimmten die Themen – Armut, Alleinerzieherinnen, Wohnungsnot – die mit Pressekontakten, diversen Veröffentlichungen und Veranstaltungen bearbeitet wurden.

Über 60 Veranstaltungen wurden während des 1. Frauen-volksbegehrens (initiiert von der bundesweiten Initiative „Unabhängiges Frauen Forum“) von engagierten Frauen in der Steiermark angeboten. Der Frauenrat selbst wurde in dieser Zeit für Einzelpersonen geöffnet.

Barbara Kasper
08. März 2000
Demonstration zum Feministischen Kampftag
© Sigrid Schönfelder

Doris Kirschner
Frauenbeauftragte 1998-2002

Doris Kirschner griff als unabhängige Frauenbeauftragte das Thema „Richtlinien“ wieder auf und erstellte die erste Geschäftsordnung des Frauenrates. Vereint wurde gegen das „Lebenszentrum Graz“ und die Absetzung der Kärntner Frauenbeauftragten protestiert.

Schwerpunkte waren verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und Verkürzung der Entscheidungsprozesse. Sie intensivierte den Kontakt zu den politisch Verantwortlichen in Stadt und Land und etablierte den Frauenrat stark als Institution der Stadt.

1998

Doris Kirschner
08. März 2000
Demonstration zum Feministischen Kampftag
© Sigrid Schönfelder

Daniela Jauk
Frauenbeauftragte 2002-2004

Daniela Jauk nutzte das breite Gremium des Grazer Frauenrats, um öffentlichkeitswirksam frauenpolitische Themen zu positionieren und setzte dabei auf Aktionismus und Öffentlichkeitsarbeit.

2002 protestierten, auf ihre Initiative hin, eine Delegation des Frauenrates gemeinsam mit Abgeordneten aller Parteien als Frauenärztinnen verkleidet vor der Steirischen Gebietskrankenkasse gegen die Benachteiligung von Frauenärztinnen bei der Vergabe von Kassenstellen für Gynäkologie. Mit Daniela Jauk bekam der Frauenrat seinen ersten Internetauftritt. Wichtige öffentlich sichtbare Kooperationen gab es im Kulturhauptstadtjahr 2003 mit dem Projekt WOMENT! zur Geschichte herausragender Grazer Frauen und dem Projekt PLAKATIV! zur Geschichte der Frauenbeauftragten der Stadt Graz.

2002

Dani Jauk
2002
Protest vor der GKK
© Dani Jauk

2004

Brigitte Hinteregger
Frauenbeauftragte 2004-2008

Brigitte Hinteregger wurde 2004 zur Unabhängigen Frauenbeauftragten. Gemeinsam mit dem Frauenrat protestierte sie gegen Einsparungsmaßnahmen bei verschiedenen Fraueninstitutionen und Frauengruppen. 2007 initiierte sie das „Lichtermeer gegen Gewalt an Frauen“, und bei ihren Aktionen und politischen Statements nutzte sie verstärkt Internet und Cyberraum.

Brigitte Hinteregger
2017
One Billion Rising Flashmob
© ETC Graz

2009 – 2014

Margarete Jansenberger
Frauenbeauftragte 2009-2014

Maggie Jansenberger war als Frauenbeauftragte auch die erste Geschäftsführerin des Vereins Grazer Frauenrat. In ihre Zeit fallen die Gründung der „Watchgroup gegen sexistische Werbung“, der Gemeinderatsbeschluss zur „Einbeziehung von Beiräten und speziellen Beauftragten in politische Planungen und Entscheidungen“ oder ein Pilotprojekt zur Frauenförderung bei der Ausschreibung von Dienstleistungen in der Stadt Graz. Drei Jubiläen fielen ebenso in ihre Funktionsperiode: 25 Jahre Frauenbeauftragte & Grazer Frauenrat, 100 Jahre Internationaler Frauentag und 30 Jahre Ratifizierung der CEDAW. Maggie Jansenberger nutzte ihre Funktion, um breite, kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit für frauenpolitische Anliegen zu betreiben. Der Frauenrat erfuhr eine Öffnung für Vertreterinnen aus Kunst & Kultur, Frauen* mit Behinderungen und Migrantinnen.

2014 wurde die Funktion der Unabhängigen Grazer Frauenbeauftragten auf Betreiben der damaligen Grazer Frauenstadträtin Martina Schröck abgeschafft.

Stattdessen sollte eine in einem freien Dienstverhältnis angesiedelte Beratungs-Ombudsfrau – ohne entsprechende Infrastruktur wie Büro o.ä. und ohne den Auftrag, politisches Lobbying für Frauenanliegen zu machen – „Ersatz“ schaffen. Der Verein arbeitete ab diesem Zeitpunkt bis 2023 rein ehrenamtlich.

Maggie Jansenberger
2011 bei der 25 Jahre UFB und Grazer Frauenrat Feier
© Sigrid Schönfelder

Projekte des Grazer Frauenrats
1986 bis heute: