Gedanken zur Gewalt

Ein Gedankenexperiment:
Sexuelle Belästigung auf der Straße ist Alltag der meisten Burschen und Männer. Sie müssen sich anzügliche Pfiffe und obszöne Zurufe anhören. Jeder dritte Mann in Österreich ist von körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Mehr als jeder vierte Mann erlebt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. In Österreich gab es dieses Jahr mutmaßlich 25 Maskuzide und 41 Mordversuche, fast immer sind die Täterinnen Partnerinnen oder Expartnerinnen. In den traurigsten und brutalsten Fällen müssen Kinder mitansehen, wie ihr Vater von ihrer Mutter ermordet wird.
Der gefährlichste Ort für Männer ist das eigene Zuhause.

In anderen Gebieten der Welt sind die Verhältnisse noch viel schlimmer. Die Männerfeindlichkeit, auch Misandrie genannt, schlägt sich in Gesetzen nieder, die es Männern verbieten, Universitäten zu besuchen oder einen Beruf auszuüben. Der Mann ist Besitz der Frau. Es ist legitim, Gewalt gegen den Ehemann auszuüben. Männliche Föten werden häufig vor der Geburt abgetrieben. Einfach nur wegen ihres Geschlechts.

So eine Welt wäre schrecklich, niemand würde sie wollen. So eine Welt ist aber traurige Realität für viele Frauen. Morgen, am 25. November, ist der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Ein Tag, an dem der fundamentalen Menschenrechtsverletzung gedacht wird, die tagtäglich passiert, auch in Österreich. Geschlechtsspezifische Gewalt beginnt bei sexistischen Einstellungen, manifestiert sich in frauenfeindlicher Sprache und verbaler sexueller Belästigung und endet bei der Spitze der Gewaltpyramide, beim Femizid.

Damit es nicht soweit kommt, kann jeder einzelne von uns etwas dagegen tun. Hinhören, wenn ein „Streit“ unangenehm laut ist. Hinschauen, wenn eine Frau bedrängt wird. Etwas sagen, wenn der nächste Frauenwitz stolz am Stammtisch vorgetragen wird.

Stillschweigen hilft niemandem, außer den Tätern. Helfen wir ihnen nicht.

Verfasserin: Anna Majcan, Sprecherin des Grazer Frauenrats
Erschienen in: Kleine Zeitung 24.11.2023

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