Gretas Rede bei “An Army of Women”, 8.3.2025

Im Rahmen des Elevate Festivals, das vom 5. bis 9. März 2025 in Graz stattfand, hielt unsere Vorstandskollegin Greta Pomberger einleitende Worte zur Filmvorführung „An Army of Women“. „An Army of Women“ wurde direkt am 8. März, dem feministische Kampftag, gezeigt. In ihrer Rede stellte Greta eine Verbindung zwischen der Handlung im Film und der aktuellen Situation in Österreich her und betonte somit die Relevanz des Themas.

Im Folgenden sind Ausschnitte aus der Rede nachzulesen. (C) Greta Pomberger, 8.03.2025.


Greta Pomberger im Heimatsaal am 8.03.2025. (C) Peter Hutter

"Wie Sie wahrscheinlich wissen, ist heute der feministische Kampftag. Und es ist wahrlich Zeit, zu kämpfen. Warum? Weil wir gefühlt täglich Rückschritte erleben. Ein neuer UN-Bericht zeigt: In jedem 4. Land sind aktuell die Rechte von Frauen bedroht.

Auch in Österreich sind wir mit ähnlichen Problemen konfrontiert: Frauen werden Opfer patriarchaler Gewalt. Laut einer Erhebung der Statistik Austria haben ein Drittel der erwachsenen Frauen ab ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erfahren. Lassen Sie das bitte auf sich wirken: Das sind über eine Million Frauen.

Zudem haben fast 27 % der erwerbstätigen Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Und trotzdem: viel zu oft will man ihre Stimmen nicht hören.

In meiner eigenen Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen habe ich einmal einen Satz gehört, den ich auch Ihnen zum darüber nachdenken mitgeben möchte:

Fast jeder Mensch kennt in seinem Umfeld zumindest ein Opfer von Gewalt. Aber fast keiner kennt Täter.

Wir wissen, Überlebende müssen oft selbst für Gerechtigkeit kämpfen – sei es in langwierigen Gerichtsprozessen gegen Täter oder gegen ein System, das sie nicht ausreichend schützt. Es besteht ein dringender Reformbedarf, um frauenfeindliche Strukturen in der Justiz und in den Ermittlungsbehörden abzubauen.

Institutionelle Gewalt und die Benachteiligung von Frauen in Obsorgeverfahren sind in Österreich Realität. Frauen werden in Pflegschafts- und Obsorgeverfahren benachteiligt, ihre Glaubwürdigkeit wird systematisch infrage gestellt.

 Aber auch die Erfahrungen von gewaltbetroffenen Frauen mit den Ermittlungsbehörden sind alarmierend. Laut einer FRA-Studie[1] widersprachen mehr als die Hälfte der befragten Frauen der Aussage, dass die Polizei sich um eine effektive Ermittlung bemüht habe. Jede zweite Frau in Österreich, Deutschland und Polen gab an, dass sie sich und ihre Rechte und Bedürfnisse von der Polizei nicht ernst genommen fühlte.

Das Schlimme daran sind nicht nur die individuellen Erfahrungen der Betroffenen, sondern auch die Folgen: Denn viele von ihnen sagten danach, dass sie eine Gewalttat in Zukunft nicht mehr anzeigen würden. Ich möchte Sie erinnern: Diese Aussagen sind nicht nur Zahlen. Sie bedeuten: Menschen verlieren ihr Vertrauen in die Justiz. Und wenn Frauen nicht mehr anzeigen, bedeutet das am Ende: Noch mehr Gewalttaten verbleiben im Dunkelfeld. Folglich können auch die Präventionsmaßnahmen nicht verbessert bzw. angepasst werden.

Eine Betroffene aus dem Film sagt: „Die besten Gesetze nützen nichts, wenn sie niemand durchsetzt.“

Und das stimmt, denn Schutzmechanismen greifen oft zu spät oder gar nicht. Wegweisungen und Annäherungsverbote werden nicht ausgesprochen, Frauen werden ermordet. Beratungsstellen sind überlastet, Frauenhäuser voll.

Genauso wie in den USA sehen wir auch hier, dass es oft mutige Frauen selbst sind, die den Wandel vorantreiben – Betroffene und Expert*innen aller Professionen.

Was ich damit sagen will: Dieser Film ist eine Mahnung und eine Inspiration. Eine Erinnerung daran, dass Gerechtigkeit nicht von selbst kommt. Dass wir hinschauen, zuhören und vor allem handeln müssen. Er zeigt die Energie und Kraft, aber vor allem auch Verzweiflung der Betroffenen, die für ihren Schutz und Gerechtigkeit kämpfen, obwohl das in Wirklichkeit niemals die Aufgabe der Opfer sein dürfte.

Ich lade euch ein, diesen Film nicht nur als bewegende Geschichte zu sehen, sondern als Aufruf: Werdet selbst Teil dieser Army of Women – sei es durch Unterstützung von Betroffenen, durch politischen Aktivismus oder einfach durch die Bereitschaft, niemals zu schweigen.
— Greta Pomberger

Filmvorführung “An Army of Women” am 8.03.2025 im Heimatsaal. (C) Peter Hutter


Greta Pomberger ist seit Februar 2025 im Vorstand des Grazer Frauenrats. Sie ist Juristin und Kriminologin und spezialisiert auf die Erforschung von geschlechtsbasierter Gewalt. Außerdem ist Greta im feministischen und sozial nachhaltigen Bereich als Unternehmensberaterin und Projektleiterin tätig, und hat mehrere frauen*politische Initiativen und Projekte in der Steiermark mitaufgebaut (z.B. DV der Steirischen Frauen*- und Mädchen*-beratungsstellen und „Mutausbruch - Support Group für Gewaltbetroffene“).

Weiter
Weiter

Keine Gewalt gegen Frauen! 24 fixe Tafeln im öffentlichen Raum aufgestellt