Offener Brief zur Einführung einer möglichen “Herdprämie”
Die aktuellen Koalitionsgespräche mit der FPÖ bereiten uns große Sorgen. Insbesondere die Einführung einer finanziellen Förderung etwa in Höhe der Mindestsicherung für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, würde einen großen frauenpolitischen Rückschritt bedeuten.
Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit: Frauen übernehmen in Österreich den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit. Der „Gender Care Gap“ beträgt hierzulande etwa 43 %, Frauen übernehmen dementsprechend fast doppelt so viel unbezahlte Sorgearbeit wie Männer. Gleichzeitig bildet Österreich mit 16 % Väterbeteiligung an der Elternkarenz das EU-Schlusslicht. Weil zigtausende Kinderbetreuungsplätze fehlen, und 95 % aller Personen, die wegen Betreuungspflichten in Teilzeit arbeiten müssen, Frauen sind, adressiert eine „Prämie“ für die Kinderbetreuung zu Hause genau jene: Mütter in Österreich. Mit dieser Ungleichverteilung von Care-Arbeit und Care-Pflichten gehen gravierende Auswirkungen einher, die durch Maßnahmen, wie von der FPÖ vorgeschlagen, nicht noch weiter verstärkt werden dürfen.
In unserem offenen Brief fordern wir die Regierungsverhandlerinnen und Regierungsverhandler der ÖVP auf, eine solche Maßnahme unbedingt zu verhindern, da diese nicht nur für Frauen individuell, sondern auch gesamtgesellschaftliche Nachteile mit sich bringen würde.
Stattdessen benötigen wir dringend ein qualitativ hochwertiges, ganztägiges, ganzjähriges und flächendeckendes Kinderbetreuungsangebot. Für echte Wahlfreiheit.