Mehr Feminismus für den Fussball

Was Feminismus und Fußball gemein haben? Dieser Tage wohl wenig, zumindest in Graz. Obwohl, könnte man argumentieren, sich feministische Akte durchaus auch im Stadion abspielen: Männer weinen, liegen sich in den Armen und lassen ihren Emotionen selten so freien Lauf wie auf den Tribünen eines Fußballstadions. Das ist begrüßenswert, weil Männern somit ein Raum eröffnet wird, wo sie ihr Innerstes nach außen kehren. Aufgrund von ungesunder Sozialisierung und gesellschaftlicher Stereotypisierung „dürfen“ und machen sie das leider viel zu selten.

Problematisch wird es dann, wenn das „Innerste“ gewaltvoll aufgeladen ist und auf Entladung im Stadion wartet. Es sind unkontrollierte Emotionen, die in Gewalt münden, wie uns die jüngste Eskalation beim Grazer Derby gezeigt hat. Klingelt etwas? Unkontrollierte Emotionen? Das ist jene Charaktereigenschaft, die man gerne für Frauen als Schwäche auslegt.

Was Fußball nun mit Feminismus zu tun hat?

Nun ja, Feminismus steht für Geschlechtergleichstellung, die passiert, wenn gesellschaftliche Normen verändert werden. Solange brachiale Gewalt als etwas „typisch Männliches“ geduldet wird, reproduziert sich die Norm. Und die nächste Generation an Männern mit „schädlichen Verhaltensweisen“ wird herangezüchtet. Die ökonomischen Schäden eines solchen Verhaltens belaufen sich laut Boris van Heesen, deutscher Wirtschaftswissenschaftler und Autor, auf mehrere Milliarden Euro im Jahr. Vandalismus, Ausschreitungen, Polizei und Justiz, um nur wenige zu nennen: Das alles kostet.

Ziel unserer modernen Gesellschaft muss ein Konzept von Männlichkeit sein, das „verweichlichte Männer“ nicht abwertet, sondern als Vorbilder hervorhebt. Ein Konzept, dass Emotionen enttabuisiert und einen gesunden Umgang mit ihnen hervorbringt. Das gewalttätiges Verhalten nicht als „männlich“ einstuft, sondern als intolerabel und unsexy. Damit Derbys zukünftig friedlich ablaufen. Unsere Jetztzeit ist ohnehin von genug Gewalt geprägt: Krieg, Raubüberfälle und ein Femizid nach dem anderen. Bitte nicht noch mehr davon.

Verfasserin: Anna Majcan, Sprecherin des Grazer Frauenrats
Erschienen in: Kleine Zeitung 10.11.2023

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