Who cares?

Weltradiotag, Weltglückstag, Weltkatzentag. Irgendein Aktionstag ist ja immer. So auch am Sonntag, jedoch von erheblicher Relevanz. Erstmalig wird der „International Day of Care and Support“, der internationale Tag der Fürsorge und Unterstützung, begangen. Ausgerufen von der UNO. Notwendig, um den Pflegenotstand und die ungerechte Verteilung von unbezahlter Care-Arbeit (Sorgearbeit) ins Rampenlicht zu stellen.

Es ist leider eine Illusion, dass alle Menschen gleichberechtigt die Sorge- und Pflegearbeit teilen. In Österreich leisten Frauen noch immer zwei Drittel der unbezahlten Care-Arbeit.

Die Auswirkungen davon bestätigt uns Claudia Goldin mit ihrer Forschung zu Frauen am Arbeitsmarkt, für die sie kürzlich den Wirtschaftsnobelpreis erhielt.
Gut bezahlte Jobs, die Arbeitsverfügbarkeit am Wochenende und Überstunden erfordern, lassen sich schlecht mit Familienmanagement und Betreuungspflichten vereinbaren. So erklärt sich zum Teil der Gender Pay Gap. Der wiederrum zur ökonomischen Abhängigkeit von Frauen führt. Und in Altersarmut mündet.

Bei der bezahlten Care-Arbeit – verrichtet zu über 80 Prozent von weiblichen Arbeitskräften – sieht es nicht besser aus: Die Entlohnung in Pflegeberufen ist unterdurchschnittlich schlecht, bei überdurchschnittlich hoher Belastung. Zunehmend werden Care-Tätigkeiten an ausländische Frauen ausgelagert. Nur logisch, bei diesen Bedingungen.

Es ist eine alte Leier. Wir können sie nicht mehr hören, wollen sie aber noch weniger hinnehmen. Sorgearbeit muss endlich aufgewertet, fair bezahlt und gerecht verteilt werden. Bitte zackig! Würden Frauen auch nur einen Tag lang keine Care-Arbeit mehr leisten, würde die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen. Ähnlich wie beim legendären Frauenstreik in Island, vor 48 Jahren, als 90 Prozent der Frauen ihre Arbeit niederlegten. Abgesehen davon gäbe es vermutlich weitaus weniger Wohlstand, denn Unternehmen und Staat profitieren schließlich von der gratis geleisteten Arbeit.

Längst überfällig ist jedenfalls eine feministische Politik, die Care-Arbeit ins Zentrum der Wirtschaft und der Gesellschaft bringt. Und alle in die Verantwortung zieht. Damit sich die Frage nach dem „Who cares?“ nicht mehr stellt.

Verfasserin: Anna Majcan, Sprecherin des Grazer Frauenrats
Erschienen in: Kleine Zeitung 24.10.2023

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